Zwei Tanks, zwei Schläuche, ein gemeinsames Schicksal

Sowohl Urs als auch Edith Scheidegger sind auf zusätzliche Sauerstoffzufuhr angewiesen. Dies birgt zwar einige Schwierigkeiten, fördert jedoch auch das Verständnis füreinander.

«Wir müssen unsere Schläuche regelmässig sortieren, ansonsten gibt es ein zu grosses Durcheinander», sagt Urs Scheidegger. Er deutet auf den transparenten Schlauch, der von seiner Nasenbrille hinab hängt, sich in leichten Wellenlinien durch den Eingangsbereich und über den Teppich im Wohnzimmer schlängelt bis hin zum Sauerstofftank an der Wand. Daneben steht ein zweiter Tank. Ein zweiter Schlauch führt durch die 4,5-Zimmer-Wohnung im Zentrum von Zuchwil und endet in einer zweiten Nasenbrille. Diese sitzt im Gesicht von Edith Scheidegger, der Ehefrau von Urs. 

«Den ganzen Staub eingeatmet»

2008 hat Urs Scheidegger die Diagnose erhalten, dass er an der chronisch obstruktiven Lungenkrankheit COPD (siehe Kasten) leidet. Vor allem in den Skiferien hatte der damals 66-Jährige bei körperlicher Anstrengung zunehmend mit Atemnot zu kämpfen. «Die Höhe machte es noch ärger.» Besuche beim Hausarzt und beim Lungenspezialisten brachten Licht ins Dunkel. Der Spezialist habe ihn sofort gefragt, ob er rauche, erzählt Urs Scheidegger. Die Zigaretten seien jedoch nicht die einzige Ursache seiner COPD, betont er. Während 53 Jahren hatte er Böden gelegt, abgeschliffen, herausgerissen – und alles ohne Schutz. «Wir hatten noch keine Masken und haben den ganzen Staub eingeatmet.» Im eigenen Geschäft hatte auch Edith Scheidegger während 30 Jahren tatkräftig mitgearbeitet; im Büro, im Verkauf, auf dem Bau. Lange unterstützte sie ihren Mann auch im Umgang mit seiner Krankheit, bis drei Lungenembolien (siehe Kasten) dafür sorgten, dass auch sie körperlich zurückstecken musste und auf zusätzlichen Sauerstoff angewiesen ist. 

«Ich habe mich am Anfang geniert»

Dass nun beide mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben, fördere sicherlich das gegenseitige Verständnis, sagt Urs Scheidegger, und lächelt seiner Frau zu. Beide wissen, wie sich Atemnot anfühlt, dass die eingeschränkte Bewegungsfreiheit belastend sein kann, und wie viel Mut es braucht, sich mit der Nasenbrille auf die Strasse zu wagen. «Ich habe mich am Anfang schon geniert», sagt Edith Scheidegger und blickt auf bedruckte Tischtuch. Dass ihr Mann einige Jahre zuvor dasselbe durchgemacht habe und nun ohne Weiteres mit der Nasenbrille nach draussen gehe, habe ihr geholfen. «Insbesondere Kinder schauen manchmal schon etwas genauer hin», ergänzt Urs Scheidegger. «Aber wenn man ihnen die Funktion des Schlauchs erklärt, ist das Thema für sie meist erledigt.»

Akzeptieren, dass nicht mehr alles möglich ist

Dennoch sei das Leben in einem Haushalt mit zwei Personen, die an einer Lungenerkrankung leiden, nicht immer einfach, sagt Urs Scheidegger. Neben dem «Gnuusch», das ab und zu mit den Schläuchen entstehe, hätten sie beide akzeptieren müssen, dass nicht mehr alles möglich sei. Neben einer Beraterin der Lungenliga Solothurn, welche Sauerstofflieferungen sowie Materialien organisiert und die beiden im Umgang mit der Therapie unterstützt, kommen nun regelmässig eine Haushaltshilfe sowie die Spitex vorbei, um das Ehepaar zu entlasten. Auch sind die beiden schon seit einigen Jahren nicht mehr in die Ferien gefahren. «Das ist schade, aber zum Glück können wir auf viele schöne Erlebnisse zurückblicken», sagt Urs Scheidegger und beginnt, in Erinnerungen an einen Italien-Urlaub zu schwelgen. Edith Scheidegger hört zu, nickt gelegentlich, lächelt. 

Schmorbraten und Rindszunge

Neben ihren Erinnerungen schöpfen die beiden auch Kraft aus ihren allmorgendlichen Spaziergängen sowie aus dem Kontakt mit ihren Kindern und Enkelkindern. Kommen diese zu Besuch, verschwindet Urs Scheidegger einige Stunden zuvor in der Küche. Saurer Mocken, Schmorbraten oder Rindszunge an Kapernsauce sind nur einige seiner Spezialitäten, die er dann auf den Tisch zaubert. Zu sehen, wie es den Gästen schmeckt, bereite ihm fast noch grössere Freude als das Kochen selbst, sagt er. «Wir sind zufrieden mit unserem Leben.»

 
 

 

 

 

Beratung und Betreuung durch die Lungenliga

Die chronisch obstruktive Lungenkrankheit COPD ist eine weit verbreitete Lungenkrankheit, rund 400 000 Menschen in der Schweiz sind davon betroffen. Im Frühstadium bleibt sie jedoch oft unentdeckt, weil Erkrankte die Symptome wie Husten, teils Auswurf und Atemnot verharmlosen oder ignorieren. Ursache für COPD ist fast immer das Einatmen von Schad-stoffen über eine lange Zeit, meist durch Rauchen.
Bei einer Lungenembolie kommt es zu einem akuten Verschluss von Lungenarterien. Verursacht wird eine Lungenembolie in den meisten Fällen durch ein Blutgerinnsel, das sich bei einer Thrombose in den tiefen Beinvenen bildet und in die Lunge verschleppt wird. Symptome eine Lungenembolie können je nach Schweregrad Atemnot, Brustschmerzen oder Bewusstlosigkeit sein. Wird eine Lungenembolie nicht behandelt, kann sie das Lungengewebe und das Herz permanent schädigen oder gar zum Tod führen.

Die Lungenliga